Die Konkurrenz schläft nicht...

...vielleicht ist ja das Mauerwerk in unserem Haus irgendwie schlecht? Mieses Karma?
Keine Ahnung...

Jedenfalls habe ich seit letztem Jahr Konkurrenz. Eines Nachmittags in der Vorweihnachtszeit stand meine Nachbarin vor meiner Tür. Sie wollte nur etwas abgeben, sah aber insgesamt ziemlich mitgenommen aus. Erst wusste sie nicht so recht, wie sie beginnen soll. Dann sprudelte es regelrecht aus ihr heraus: >Ihr Sohn sei wieder eingezogen. Seine Freundin habe sich ja im Spätsommer von ihm getrennt und nun will er sich einfach nur noch umbringen! Ja, Hilfe haben sie - aber sie haben solche Angst um ihn. In eine Klinik will er nicht gehen. Wenigstens nimmt er Medikamente, damit es erträglicher wird. Sie und ihr Mann wechseln sich ab - sie lassen ihn keine Minute mehr allein.<
Sie weinte und ich nahm sie einfach in den Arm. Eine ganze Weile hielten wir uns so fest. Die Gedanken schossen in diesen Augenblicken, wie tausende, kleiner Perlen durch meinen Kopf. 
Die Nachbarin erzählt ausgerechnet mir von ihrem hochgradig suizidalem Sohn...

Nun sind etliche Wochen ins Land gegangen... Heute morgen erzählt mir mein Mann, dass es unserem Nachbarssohn besser zu gehen scheint. Zumindest war er schon wieder auf einem seiner Fotostreifzüge. Ich freue mich für ihn und unsere Nachbarn mit. Der brisanteste Teil der Krise scheint bei ihnen geschafft zu sein.
Doch was schwingt im weiteren Gespräch zwischen meinem Mann und mir mit?! (Augenzwinkernd zwar, aber es macht etwas mit mir.) >Bei mir gänge ja nichts vorwärts...< Genau genommen verschlechtert sich mein Zustand leider immer noch. (Gestern war wieder ein besonders mieser Tag.)
Dann kommen wieder die Klassiker auf den Tisch:
1. Geh mal raus!
2. Denk an was Schönes...
3. Grübel´ nicht soviel.
...

Punkt 2 und Punkt 3 hatte übrigens auch stets meine Nachbarin als Ratschlag parat. Sagte dies mehr als nur einmal zu mir. Da wir Tür an Tür wohnen, kennt sie auch die wichtigsten Eckdaten meiner momentanen Situation... Nachdem sie nun die schwere depressive Episode mit suizidalen Absichten ihres Sohnes miterleben durfte, bekomme ich sicherlich dererlei Ratschläge nicht mehr von ihr. Sie weiß nun glaube ich, dass es dort UNTEN nichts mehr gibt.
Aber ich nehme ihr das nicht wirklich übel. Ich weiß, dass diese Äußerungen aus Halbwissen entstehen. Ich selbst hätte vor einigen Jahren genauso geantwortet, wie sie. 

Nun denn: Ich wünsche dem Sohn meiner Nachbarin von ganzem Herzen, dass er um Vieles schneller wieder aus seinem Tief heraus findet als ich. Wieder gesund wird. Wieder Schritt für Schritt ins bunte und eigentlich sehr schöne Leben zurück kehren kann. Erste Schritte tut er schon in diese Richtung. Er ist etwa halb so alt, wie ich. Ihm stehen noch alle Türen offen. Auch seinem Herzen...

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