Leben mit PTBS

...oder PostTraumatischerBelastungsStörung.

Wie lebt es sich damit? Zur Unsichtbarkeit meiner Einschränkungen und zum Thema Depressionen, habe ich meine Empfindungen hier schon geschildert.
Gestern war ich mal wieder in einem anderen Blog zum Lesen unterwegs. Und zwar bei Rapunzel in ihrem Turm.

Wie lebt es sich also mit all diesen Einschränkungen? Auch mir fällt immer wieder auf, dass ich meinem Gegenüber oft gar nicht bildhaft und verständlich klar machen kann, was für mich Alltag bedeutet, welche Kämpfe ich täglich austrage und was für ungeheure Energiemengen ich dabei verbrenne...

Heute ist ein sonniger Tag. Wir waren eine Runde spazieren und kamen an einem Spielplatz vorbei. Die Einfassung bildet eine niedrige Palisade aus runden, ineinandergreifenden Steinen, welche gerade so breit, wie eine Kinderschuhsohle sind. Jedes dieser kleinen Elemente ist ca. 10 bis 20 cm hoch. Es lässt sich wunderbar spielerisch darauf balancieren. Also, immer rund herum. Mein Sohn legte fest, dass es pro Runde 1 Joker für einmal daneben treten gibt. Nach etlichen Runden hatte er eine ganze Jokersammlung...
Ja, da kann echt jeder entlang balancieren. Das ist nicht schwer. Das ist Alltag, wenn man gesund ist. Da ruft jemand von der Seite! *Hää?* Mist! Daneben getappt. Einfach weiter balancieren.
Wie geht es nun mit psychischen Erkrankungen, wie PTBS im Alltag? *hopp* Stellt Euch zurück auf die Palisade! Sie erhebt sich nun auf eine stattliche Höhe von ca. 2 Meter... *wahn* Na, steht ihr immer noch entspannt? Oder fangt ihr an zu kippeln? Macht das Kopfkino gerade aus 2 Meter schon 3 Meter? Seht Ihr Euch schon unten liegen? Auf geht's: Setzt nun einen Fuß vor den anderen und lauft los. Wie? Der Fuß klebt fest? Ihr könnt nicht?! Doch: Ihr müsst aber. Und die Zeit läuft. Was nun?! Zittern? Schweißausbruch? Feuchte Hände? Herzrasen? Puddingbeine?
Warum denn? Diese Palisade ist genauso, wie vorher auch. Nur der Boden ist weiter weg. Als der Untergrund noch in Eurer Nähe war, ging es doch auch. Es ist nur Euer Kopf. Denkt einfach an etwas Schönes! Schaut optimistisch nach vorn und lauft los. Wer schafft einen Schritt?! Oder gar zwei... Hoch konzentriert probiert es der ein oder andere von Euch, während so mancher kreidebleich fast herunter fällt. Von der Seite fragt Euch jemand etwas. Ich bezweifle, dass ihr ansatzweise verstanden habt, was es war. Viel zu hoch ist die Konzentration beim Balancieren. Viel zu beschäftigt seid ihr damit, nicht herunter zu fallen. Plötzlich ein Knall! Ihr zuckt zusammen. Der ein oder andere fällt nun doch oder kann sich gerade noch so halten... So ist das mit diesem bißchen "Überlebenskampf" jeden Tag!
Okay, wir brechen hier kurzerhand ab und fassen zusammen. Vorher nimmt die Balancierstrecke wieder die ursprüngliche Höhe von 10 bis 20 cm an. Erstmal setzen?! Macht das ruhig...

Dort wo ein Gesunder im Alltag mal eben kurz einen Weg erledigt, ein Telefonat oder einen Termin, leisten wir mit unserem Knacks in der Seele manchmal übermenschliche Anstrengungen. Allein die Stärke unserer Erkrankung und unserer Symptome entscheidet darüber, wie hoch über dem Fußboden unsere Balancierstrecke liegt. Allein mit purem Willen, ist da gar nichts zu machen. Manch einer von uns hat das Balancieren eines Tages satt und springt. Jene, die weiter auf ihrer Strecke bleiben, hoffen, dass sie eine liebevolle Hand als Halt finden, wenn die Höhe zu extrem wird oder das Maß der Erschöpfung zu viel. Als Finale wünschen wir uns jedoch, dass unsere Balancierstrecke wieder auf normaler Höhe liegt - dass wir einfach wieder gesund sind.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Arbeit mit EMDR (4-Felder-Technik)

zündende Fragen

Die Baumübung