Woche 2

Diese Woche begann wieder mit einem Tief... Und so ging es auch weiter: Von Tief zu Tief. Das Gute daran ist, dass die Tiefs mittlerweile viel weiter auseinander liegen, als in Woche 1.
In Woche 1 war ich Dauergast im Pflegezimmer. In Woche 2 wurde ich schon nachlässiger und erschien im Schnitt nur noch alle 2 Tage. Wenig hilfreich war hierbei, dass bis zur Wochenmitte weiterhin das Einzelsetting ungeklärt war. Immerhin bekam ich eine halbe Stunde Einzelsitzung als Kriesenintervention nach einem scheußlichen Montagvormittag ab. Es fand bei der Therapeutin statt, welche auch das Aufnahmegespräch in Vertretung durchgeführt hatte.



Am Dienstag hatte ich ein Bild im Kopf. Mein eigenes Grab. Begraben ist dort ein Teil meines Ichs, gestorben am 27.08.2017. Ich musste es aufzeichnen und tat das auch. Spürte, wie nun die Trauer vom August letzten Jahres hoch gespült wurde. Damals wirkte nur der erste Schock nach der Ablehnung des Gesprächsangebotes, welches ich meinen Eltern gemacht hatte. Die Trauer und die Wut jedoch zementierte ich tief in meinem Inneren ein. Sie durften JETZT einfach nicht sein. Mussten warten, bis sie gelebt werden dürfen. Und nun war der Zeitpunkt da: Dieses Monstrum aus Wut, Schmerz und Trauer brach aus seinem Betonbunker aus und bahnte sich seinen Weg in mein Bewusstsein. Nur - Wohin damit?!?
Bei der Gestalttherapie wurde ich ermuntert, mich doch mal an einem größeren Werkstück zu versuchen. (Ich hatte zuvor Holz hacken vorgeschlagen, gegen die Wut.) Aus dem Regal schleppte ich ein ordentlich-schweres Stück eines Kiefernstammes herbei. Nach dem Entrinden, dachte ich zuerst einen Waldwichtel zum Aufstellen daraus zu gestalten. Als erstes wollte ich die grobe Form der Mütze heraus arbeiten. Zu Beginn merkte ich, dass man sich mit Beitel und Hohleisen ganz schön abarbeiten kann an solch einem Stamm. Doch je länger ich arbeitete, desto leichter fiel es mir. Ich bekam die Technik mit den Werkzeugen immer besser hin und kam gut voran. Nachdem ich die grobe Form fertig hatte, stelle ich fest, das leider noch jede Menge Wut übrig war. Wahrscheinlich würde ich mich solange am Holz austoben, bis ich in einem Haufen Späne stand und wieder nur Material für einen kleinen Löffel übrig geblieben war. So änderte ich meinen Plan. Es würde ein "großer Kiesel" werden, in den ich unseren Familiennamen "eingravieren" wollte...

Am Donnerstag lernte ich nun meine Bezugstherapeutin kennen. Sagen wir mal so: Wir müssen uns noch ein bißchen aneinander gewöhnen. Dazu hatten wir am Freitag auch gleich wieder Gelegenheit. Sie übernahm unsere Gruppensitzung. Stundenthema war Nähe und Distanz. Schwierig für mich. Je länger die Stunde dauerte, desto mehr schoss es mich nach Irgendwo-Nirgendwo. Am Stundenende ging gar nichts mehr. Ich steckte viel zu tief in meinem eigenen Film fest und kam alleine nicht mehr heraus. Alle Lampen waren längst auf grellrot. (Dann schränkt sich einfach alles ein: Hören, Sehen, Bewegung, Sprechen, Denken... Einfach widerlich!)
Sie erkannte es jedoch und opferte mir nach der Gruppenstunde ihre Mittagspause, um mich "zurück auf meine eigenen Füße" zu stellen. (Am Nachmittag sollte ich mir dann noch eine Bachblütenmischung in der Pflege abholen, die sie zusammen gestellt hatte.)

Nun ist Wochenende. Ein bißchen schrecklich. Wochenende bedeutet Leerlaufzeit. Es geht therapeutisch nichts voran. Die Wenigsten freuen sich auf das Wochenende hier. Und doch ist sie nötig, diese Pause vom Dauerfeuer auf die Synapsen des Hauptrechners.

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