reizÜBERvoll

Am Wochenende las ich einen Artikel der lokalen Tageszeitung zum Thema "Reizüberflutung" oder eben eher dem, was man dagegen tun könnte.
In einigen australischen Geschäften hatte man eine sogenannte stille Stunde eingeführt. Zwischen halb drei und halb vier am Nachmittag, wurden die Kunden schon am Eingang darauf hingewiesen, besonders leise zu sein. In dieser Stunde wird das Licht gedämpft und die Lautstärke der Hintergrundmusik erheblich reduziert. Um den Lärm weiter zu dämpfen, werden innerhalb der stillen Stunde keine Regale aufgefüllt. Es gibt keine grellen Werbedurchsagen und auch sonst wird darauf geachtet, alles auf ein Minimum zu reduzieren. Hintergrund ist, dass man Menschen, welche besonders unter Reizüberflutung leiden, ein entspannteres Einkaufen zu ermöglichen. Immerhin gibt es nicht wenige Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Verarbeitungsstörungen der Wahrnehmung für die ein simpler Einkauf zum K(r)ampf werden kann. Aber auch andere geniessen die ungewohnte Ruhe im Geschäft bis hin zu den Verkäuferinnen, die diese stille Stunde schon fast als meditativ empfinden.

Immer wieder stelle ich in Gesprächen fest, dass (ganz naturgegeben!) große Menschenmengen und enorme Reizüberflutung auch für viele andere Menschen ein rotes Tuch sind. Dazu braucht man nun wahrlich keine Erkrankung!

Aber warum "ballern" wir uns immer wieder so zu mit nahezu allem, was unsere schillernd bunte und laute Welt so bietet? Ist es da so verwunderlich, wie viele Menschen vergeblich innere Ruhe und Frieden suchen?
Und wo finden wir, was wir suchen...?

Eigentlich nur in der Reduktion von allem Überfluss:
Natur.
Ruhe.
Achtsamkeit.
Wirklich nur diese eine Sache tun und zwar mit allen Sinnen.
Ballast abwerfen.
Entrümpeln.
Wieder selber machen.
Rückzug.
Und wer Mut hat - Langsamkeit, denn die passt nicht in unsere Leistungsgesellschaft. Denn dort geht es nur noch um:
Schneller.
Höher.
Weiter.
Und von allem immer noch viel mehr!!!

So auch der nächste Artikel in der Welt am Sonntag (10.11.2019). Kleidung wird im Überfluss produziert. Die Konzerne wissen schon bei der Bestellung, dass ein bestimmter Teil der produzierten Ware nie getragen werden wird und stattdessen nahtlos der Verbrennung zugeführt wird. Was ist da mit Umwelt und Klimaschutz? (mal so nebenbei gefragt, denn ich bin normaler Bürger und keinesfalls Aktivist) 
Wie kann diese permanente Überproduktion von allem zumindest reguliert werden?

Aber vielleicht bin ich ja auch hier Alien. Ich brauche dies alles nicht. Ich bin kein "Fashion Victim". Ich brauche nicht jede Saison die neueste Kollektion. Meine Kleidung muss mich schützen, praktisch und bequem sein. Reicht. Sie darf auch "schön" sein, aber sie muss nicht permanent wechseln.

Aber vielleicht brauchen das ja alle anderen: Glitzernde, grelle Stores, mit viel zu lauter Musik und top gestylten VerkäuferInnen. Das alles verpackt in riesigen Glaspalästen, welche ob ihrer Größe und der Kosten, dennoch um Längen schneller fertig gestellt sind, als Großbauprojekte der Regierung.
Alles soll wachsen...:
Einnahmen.
Renditen.
Gehälter.
Gewinne.
...
Wo führt uns das noch hin???

Mich definitiv in den Rückzug - soviel ist klar!

W e n i g e r   i s t   m e h r !


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