Verlassene Eltern - oder: Wer verließ wen zuerst?
Diese
Thematik wird immer präsenter: Verlassene Eltern!
„Niemand
war heute morgen bei mir. Keiner hat mir gratuliert – weder im
Hort, noch daheim. Nicht mal ein klitzekleines Geschenk oder eine
Süßigkeit lag für mich bereit...
Die
verlassenen Eltern selbst geben nahezu immer an, dass der
Kontaktabbruch des Kindes aus heiterem Himmel geschah. NICHTS haben
sie geahnt. Keinerlei Anzeichen wollen sie bemerkt haben. Im
Familienleben war doch immer alles in Ordnung. Nein, es gab keine
Gewalt. Auch keinen größeren Streit. Da sei NICHTS gewesen.
Die
Eltern stehen allein da und wissen nicht warum. Sie grasen die
Vergangenheit nach brauchbaren Gründen ab und finden NICHTS. Einfach
weil da NICHTS war. Alltägliche Banalitäten nur, wie sie in anderen
Familien auch vorkommen. Aber NICHTS, was diese drastische Konsequenz
des Kindes auch nur ansatzweise erklären könnte.
Und
die verlassen(d)en Kinder? Befragt man sie, können manche von ihnen
selbst nicht genau sagen warum. Manchmal bleibt gar „nur so ein
Gefühl“ als Grund übrig. Dieses wiederum ist SO stark, dass es
eine strikte Abgrenzung zu den Eltern erforderte.
Was
nun?
Trennung
wegen NICHTS und keiner kann sagen warum?
Im Nachgang lese ich den ein oder anderen
Artikel aus meinem Blog nochmal und lasse ihn Revue passieren...
Heute
morgen fielen mir dabei ein paar Schuppen von den Augen.
So,
wie sich meine verlassenen Eltern heute fühlen, habe ich mich als
Kind unzählige Male gefühlt: verlassen und dabei ohne Verständnis,
warum. In Zweifeln vergraben. Fehler bei mir suchend. Ohne Antwort.
Niemand in meiner Nähe, der mir beistehen konnte oder meine innere
Not auch nur ansatzweise verstand.
Aus einem vorherigen Post über den Morgen meines 7. Geburtstages:
Ich
bin traurig. Zugleich schäme ich mich. Alle möglichen Gefühle
stöbern, wie bei einem Schneesturm in mir durcheinander. Haben sie
meinen Geburtstag vergessen? Haben sie mich nicht mehr lieb? War ich
denn so ungezogen im letzten Jahr?
...ich
kaue auf meiner Unterlippe herum...
Was
habe ich falsch gemacht?
Mein
Kopf liefert zig Gründe: meine Bausteine waren nicht weggeräumt, in
meiner ersten Mathearbeit hatte ich eine 4 bekommen, gestern war ich
vorlaut und vor ein paar Tagen hatte ich beim Zu-Bett-Gehen
gebummelt.
Ich
fühle mich allein... Leer... Kalt...
Was
habe ich falsch gemacht?“
Nach
dem Lesen des Zitats fiel mir auf: DAS sind heute die Gefühle der
verlassenen Eltern! Aus heiterem Himmel wegen NICHTS und dann auch
noch ohne Grund.
Damals
ist genau dasselbe passiert – nur in einem viel jüngeren Menschen,
der noch nicht in der Lage war, bestimmte Ereignisse für sich klar
einzuordnen.
Und
genau DAS ist dann in vielen weiteren großen und kleinen Situationen
immer wieder passiert. Es hat sich addiert. Unzählige solcher Ereignisse
haben sich über die vielen Jahre addiert.
Zurück
blieben ungute Gefühle, die vielleicht auch lange verdrängt wurden.
Das Gefühl nicht gesehen worden zu sein, nicht verstanden worden zu
sein, abgewiesen und weggeschickt zu werden. Die Botschaft „Hilf
Dir selbst! Wir können das gerade nicht für Dich tun.“ Auch wenn
sie vielleicht nicht verbal ausgesprochen wurde.
Natürlich
passiert das Eltern nicht bewusst – eher aus Unachtsamkeit, weil
sie zu beschäftigt, zu müde, zu besorgt oder was auch immer waren.
Die
Dosis macht das Gift.
Dieser
Satz scheint auch hierbei zu gelten. Manchmal summiert sich offenbar
soviel, dass das verlassen(d)e Kind als allerletzte Maßnahme den
Spieß umdrehen muss. Es hat gar keine andere Wahl. Sonst würde es
sich selbst aufgeben.