Sieben-Meilen-Ding

Am Wochenende hatte ich ihn plötzlch an: den Sieben-Meilen-Stiefel. Was noch besser war, ich hatte offenbar auch Kraft gesammelt für einen weiteren, großen Schritt.


Schon länger hatte ich überlegt, ob ich nicht doch noch die Chance habe, fehlende Puzzleteile in meinem Bild zu ergänzen. Von der Familie meines Vaters lebt eigentlich nur noch meine Tante in zeitlicher und räumlicher Nähe. Andere Verwandte sind weit weg gezogen und wir hatten seit Jahrzehnten keinen Kontakt. Der Rest ist verstorben. Mein Vater spricht schon seit vielen Jahren nicht mehr mit meiner Tante. Die Gründe kenne ich nicht. Dementsprechend dünn war der Kontakt auch zwischen meiner Tante und mir. Wir haben uns das letzte Mal im Dez. 2017 gesehen. Der Anlass des Treffens lies keine tieferen Gespräche zu, was damals auch völlig in Ordnung war - ich hätte sie keinesfalls bewältigen können zu diesem Zeitpunkt. Der Kontaktwunsch war seitens meiner Tante denoch da. Sie lud meine Familie und mich ein, sie doch mal zu besuchen... Nun hatten wir Beide kürzlich Geburtstag. Ich schaffte es nur, ihr eine Karte zu senden. Ein Anruf war für mich nicht realisierbar. Sie versuchte mich an meinem Geburtstag anzurufen, aber ich war noch nicht da. Sie lies mir liebe Grüße über meinen Mann ausrichten.
So kam es, dass ich am Wochenende einen Brief an sie schrieb: Ein kurzer Abriss über die letzten drei Jahre und eine Bitte an sie, welche sie jedoch nicht erfüllen müsse, wenn sie das nicht kann. Am nächsten Tag schon, kam die Antwort per Mail, dass sie mir gerne hilft, die fehlenden Puzzleteile der Familiengeschichte zu ergänzen, soweit sie das vermag. Sie war erschüttert über meinen Kontaktabbruch zu meinen Eltern und über ihre Ablehnung des Gesprächsangebotes an sie. Sie hätte keine Vorstellung davon, was Eltern dazu veranlassen könne, ihrem Kind nicht zu helfen. (Sie ist selbst Mutter eines erwachsenen Sohnes und hat auch so einige schwierige Phasen mit ihm durch.) Und warum ich mich nicht eher an sie gewandt hätte...?!
Sie wusste nichts - werder von meiner Erkrankung (die man ja nun mal nicht sieht), noch vom Kontaktabbruch. Nichts - einfach gar nichts.
So zersplittert und weit verstreut, wie ich selbst, so ist auch meine Familie...
Kurzum: Wir werden uns treffen - Detektivarbeit zum Thema Familie leisten und sehen, was wir gemeinsam heraus finden.

Der eigentliche Schock lag in der Antwort selbst. Gewohnheitsgemäß hatte ich mit Ablehnung, Verdrängung oder "ich-kann-das-einfach-nicht" gerechnet.
Aber ich hätte nicht - NIEMALSNICHT - mit einer sofortigen und positiven Antwort gerechnet. Angebot der Hilfe, sofort geäußert!
Dieser Schmerz ist wahnsinnig!!!!!!!!!!!
Genau DAS hätte ich mir von meinen Eltern im August 2017 gewünscht. Aber nichts da: Nach 3 Wochen Wartezeit kam die Ablehnung... "Geh weg mit deinem Problem. Wir wollen das hier nicht haben..."

Ich habe sie schlicht unterschätzt. Das tut mir leid. Ich versuche offen dafür zu bleiben, dass ich auch nach vielen Jahren noch Neues an meinen Mitmenschen entdecken kann und darf.
Ich bleibe gespannt, was die Wiederentdeckung der Familiengeschichte für mich bringen wird, denn:

Wir haben
viele Fragen
sehr viele
Fragen!

???

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