Resteessen

...oder was vom Weihnachtsfeste übrig blieb.

Vollmundig lautete mein Beschluss: Keine Krise. Ich kann mich gut um uns selbst kümmern...
So ruderte ich halbwegs kraftvoll am Schmerz des ausgeschlossen Seins vorbei. Der Blick lag hierbei auf den Abend gerichtet, wo wir uns mit Nachbars und Gegenübernachbars zum Doppelkopf- und Rommeespiel verabredet hatten. Tatsächlich wurde es ein sehr fröhlicher Abend. Ich fühlte mich zugehörig und wohl, so ganz anders als das ausgesperrt Sein vom Tage. Ein ganz seltenes und kostbares Gefühl in mir. Doch nach einem Flug kommt jedes Mal wieder eine Landung...

Anderntags ging es mir nicht gut. Kaum geschlafen und mit Übelkeit brachte ich keinerlei Struktur in den Tag. Ich fühlte mich elend und allein gelassen. Ich dachte an meinen Blogbeitrag vom Sonntag und konnte nur noch innerlich den Kopf schütteln über so viel Selbsttäuschung. (Ja, manchmal klappt es halt und anderntags eben nicht.) 

Gestern bekam die Stimmung noch einen weiteren Dämpfer. Wegen einer "Altlast aus dem Herbst" hatte mein Mann mit meinem Vater eigentlich noch ein Hühnchen zu rupfen. Er hatte sich vorgenommen, ihn beim Weihnachtsessen beiseite zu nehmen und ihm persönlich zu sagen, was uns als Familie da Sorgen bereitete. Schon vor Wochen hatte ich Bedenken, dass daraus tatsächlich etwas wird. Mein Mann bekräftigte jedoch, dass er das wirklich macht und dabei ganz sicher nicht an Herzdrücken stirbt. Er lebt noch - aber er hat meinem Vater auch nicht den Kopf gewaschen! Wie ich es schon geahnt hatte, kam er um die klare Ansage drum herum.
Was tue ich nun? Innen ist es wütend, ängstlich, traurig. Außen ist vorallem Enttäuschung. Vermutlich hätte ich doch persönlich auf der Feier auftauchen müssen, um meine Nummer des Bloßstellens durch zu ziehen. Dann wäre das andere als Peanuts gleich in einem Abwasch mit durch gewesen. So bin ich am Überlegen: Brief schreiben? (Ich höre schon bekannte Stimme überheblich grummeln: Oh, unsere Tochter läßt sich mal wieder zu einem Brief herab, um uns zu maßregeln! - es ist nur eine Vermutung) Versanden lassen? (Das Innen protestiert und auch die Stimme meiner Therapeutin ist protestierend in meinem Ohr.) 

...in meinem Inneren krümmt und zieht sich alles zusammen. Der Atem geht verhalten und flach. Das Ohr pfeifft "vergnügt" vor sich hin. Wenn die Gedanken nicht mit "Materie" beschäftigt sind oder aktiv von mir abgelenkt werden, beschäftigen sie sich vornehmlich mit den Vorteilen (und Nachteilen) eines weiteren Klinikaufenthaltes (oder eben mit der Flucht aus dem Alltag, durch den wir uns meist recht mühsam schleppen). Der Rest protestiert und fühlt sich hier fest angeleihnt: "Du kannst hier nicht weg! Du wirst gebraucht." Wenn ich alles abziehe, was ich nicht leisten kann, brauche ich auch nicht hier sein... "Doch. Du bleibst!", geht der Protest und das Pflichtgefühl dazwischen.
EDIT AM ABEND: Nun zog und krümmte sichvim Innen immer mehr zusammen. Es bildeten sich regelrechte Knoten - gut fest gezurrte... Eine Notfalltablette, warten, kaum Besserung. Zweite Notfalltablette. Die Anspannung wuchs noch. Ein Handwerker muss ein Kabel quer durch meine Himbeerhöhle legen. Nein, dass passt mir ganz und gar nicht. Das macht zusätzlich Stress. 🙈🥶👽

Wann wird es mal wieder besser? Diese Frage wabert ebenfalls, wie ein Blase durch meinen Kopf.
Alle Anwesenden beim Weihnachtsessen liesen mich über Mann und Kinder auf das Herzlichste grüßen. Denken an mich und fühlen mit, dass ich immer wieder aufs Neue außen vor bleibe. (Welche Gedanken machen sie sich wohl, bzgl. meinen Eltern und mir?)
Es scheint so, als würde es auf ewig schlecht bleiben (mit der Tendenz zur weiteren Verschlechterung) solange der Status quo zwischen meinen Eltern und mir bestehen bleibt, wie er ist. Die Frage, welche sich dazu gesellt ist, wie lange ich in diesem Zustand noch überleben kann...? 
🤷🏻‍♀️ Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. 🤷🏻‍♀️

...bis es jedoch zu irgendeiner Veränderung (in welche Richtung auch immer) kommen wird, gibt es erstmal die umfangreichen Reste aus dem Kühlschrank zu essen. Dabei müssen wir uns alle in der Familie mächtig ranhalten, denn Übermorgen steht schon wieder Silvester ins Haus. Bis dahin wird "Luft" im Kühlschrank gebraucht, um die Leckereien fürs Raclette mit Freunden aufzunehmen... 🙈

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