(k)ein Körpergefühl? & ein Blick zurück

Wer kennt das nicht? Kinder die im Sommer beim Baden eeewig im Wasser bleiben, Sie bekommen Gänsehaut und blaue Lippen. Sie zittern wie Espenlaub und rufen dennoch: "Nein, es ist nicht kalt. Ich will noch im Wasser bleiben!"
Auch ich erinnere mich an solche Blaulippenmomente. Natürlich habe ich gefroren wie ein junger Hund. Aber das Baden war einfach zu schön und auch zu selten, um nun einfach damit aufzuhören...
Spürbare Kälte - ein Körpergefühl.



In den 80-ern lebten wir in einem der größten Neubaugebiete der DDR. Die zu gering vorhandenen und obendrein oft maroden Altbauwohnungen, zwangen die DDR zu derartigen Projekten. Die Devise lautete offenbar, sehr schnell sehr viel Wohnraum für viele Menschen zu schaffen. So wurden in vielen Städten abertausende Plattenbauwohnungen hochgezogen, die praktisch alle gleich aussahen. Egal wen man da so besuchte, man musste nie fragen, wo das Bad ist oder wo es ins Wohnzimmer geht. Immerhin: Die Wohnungen hatten ein Bad, wenn auch ohne Fenster. Die meisten Altbauwohnungen hatten ein Etagenklo - oft für mehrere Wohnungen gemeinsam. Oder man musste ganz raus, quer über den Hof, auf den sogenannten "Donnerbalken"! Daher waren diese "langweiligen" Plattenbauten sehr beliebt...
Was nahezu überall zu kurz kam im Bauwahn, waren die Außenanlagen. Es gab praktisch keine. Bei der ersten Wohnung wurde der Gehweg 1 oder 2 Jahre vor unserem Auszug fertig. Jahrelang gingen wir durch Schlamm.
In der zweiten Plattenbauwohnung gab es den Weg VOR dem Haus immerhin ab Einzug. Die restlichen Außenanlagen wurde erst mit der Wendezeit gestaltet. Ringsherum Bauschutt, Bagger, Gruben, Hügel, Zementreste - kurzum: Ein Abenteuerspielplatz! Naturgemäß sah man nach dem Spielen oft aus wie ein Schwein: Staub, Schlamm, Maschinenölreste... Also gab es extra Klamotten, die man nur zum Spielen draußen trug. Ich hatte einen abgelegten Trainingsazug aus dünnem Stoff, dessen Ärmel und Hosenbeine schon etwas zu kurz waren. Dazu trug ich meist grüne Gummistiefel - etwas anderes machte ohnehin keinen Sinn. (Mehr als einmal blieb ein Kind mit den Stiefeln im Schlamm stecken. Das zu Hilfe Eilende auch noch, bis ein Erwachsener kam, der uns und die Stiefel mühsam wieder heraus zog...)

Erst Jahre später wurde mir klar, dass ich diesen dünnen Trainingsanzug tagein tagaus nachmittags trug - im Grunde, bis es irgendwann schneite und unsere Bau- und Schlammlandschaft gnädig zugedeckt wurde.
Erst ewig später wurde mir klar, wie oft ich in diesem viel zu dünnen Anzug erbärmlich gefroren haben musste. Ich erinnere mich eigentlich nur an ein "steifes Käfiggefühl". Aber ich habe es damals null mit "Kälte" oder irgendeiner Form von "Ich friere" assoziiert. Ich erinnere mich wohl, dass der Schlamm manchmal schon in den Spätnachmittagsstunden zu frieren begann und das die kleinen Pfützen begannen eine zarte Eishaut zu bilden. Aber Kälte? Frieren? Nein.

Wo war die spürbare Kälte? Das Frieren, was ja da war? - Kein Körpergefühl.
Konnte ich sowas damals schon 'abspalten', auch wenn es eine recht entspannte Spiel- oder Entdeckersituation war, welche nichts mit Bedrohung zu tun hatte...?!
Vielleicht zu weit gedacht - mag sein.

Heute gaukelt mir mein Körper eine Menge vor, was seltsam ist, jedoch in körperliche Spätfolgen von Traumahintergründen einzuordnen ist.
Ich befinde mich, wo ich nicht bin. (zB. einen guten halben Meter über dem Gehweg.)
Mir "fehlen" Körperteile oder die Körpermitte. In Extremfällen habe ich mich auch schon komplett aufgelöst und war nur noch 'Gedanke'. Aber wie funktioniert denken ohne Kopf? Oder war der Kopf noch da...?!

Was ich bislang jedoch gelernt habe ist, dass es sehr schwer ist, sich ein gesundes Körpergefühl, welches wenig oder gar nicht stresst, sich wieder zurück zu erarbeiten. So mancher Versuch geht da nach hinten los. Schritte die vorwärts führen und Verbesserungen bringen, ähneln winzigen Trippelschrittchen von kleinen Tieren.
Aber: Immerhin - so lange die Richtung stimmt...! 😉

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