Kein Etikettenschwindel

Ich bin gerade geflasht...

Seit einiger Zeit suche ich bei mir im Stadtgebiet nach einer geeigneten Ergotherapiepraxis. Das Angebot ist für mich "Unwissende" unüberschaubar: Das geht von rein funktionalen Dingen ala "wie bekomme ich nach Hand-OP wieder Flaschen auf?" bis hin zu ganz verschiedenen körpertherapeutischen und/oder kreativen Therapiemöglichkeiten.
Vor einiger Zeit nahm ich im Nachbarstadtbezirk erstmals Kontakt zu einer Praxis auf. Der Kennenlerntermin war mit 20 Minuten knackig kurz. Viel mehr hatte ich jedoch auch nicht erwartet. Die Therapeutin war sympathisch, jedoch "fehlte" auch irgend etwas. Nichts Offensichtliches, was ich hätte klar benennen können. Es gab die (üblichen?!) Möglichkeiten: malen, zeichnen, spielen, gestalten mit Ton oder Filz, kochen oder körpertherapeutische Übungen. Da ich zu dieser Zeit arbeiten ging, war es eher ein Vorfühlen, als ein konkreter Plan, da nebenberuflich ohnehin keine weitere Aktion machbar war. So blieb das Thema einige Zeit liegen. Von Zeit zu Zeit durchforstete ich weiter Homepages von Praxen, fand aber nur das Übliche. BIS...

...ich eine Seite fand, welche sich als zentrales Thema Bindungs- und Entwicklungstraumata auf die Fahne geschrieben hatten. Lesen. Zwinkern. Denken. Ja, schreiben kann man ziemlich viel. Entstanden ist das zentrale Thema jedoch aus der langjährigen Arbeit der beiden Kolleginnen, welche immer wieder in ihrer Arbeit feststellten, dass in Bindungs- und Entwicklungstraumata viele Einschränkungen ihre Wurzeln haben. *ok!* Also haben sie sich vorallem auf diesem Sektor stetig weiter gebildet.

Für heute hatte ich einen Kennenlerntermin vereinbart, da mir ja nun zusätzlicher Spielraum für therapeutische Arbeit bleibt.

Was soll ich Euch sagen?! (oben stehts ja schon!)

Der Termin hat mich komplett geplättet im positiven Sinne. Die Ergotherapeutin nahm sich über 1h Zeit, um mich und meine kleine Mannschaft näher kennen zu lernen. Es kamen gezielte, aber keinesfalls aufdringliche Nachfragen. Ihre Vorstellung zur Arbeitsweise deckt sich mit meiner-unserer, welche wir auch in den anderen beiden Therapien pflegen: Kein fester Plan. Aktuell schauen, was da ist - obenauf liegt. Laufen lassen. Einen Flow entwickeln. Anregungen oder Vorschläge, wenn etwas spürbar wird, mehr nicht. Begleiten, nicht führen. Im Bereich der dissoziativen Störungen, hat sie vorallem Erfahrungen mit Borderlinepersönlichkeiten. Auf mich macht sie vorallem einen lernfähigen Eindruck, also Jemand der in der Lage ist, sich im Prozess mit einem Patienten weiter zu entwickeln. Das ist mir tausendmal wichtiger als, eine gewisse, behandelte Patientenanzahl mit ähnlichen Diagnosen, wo sich dann auch mal ein wenig "Schema" einschleifen kann.

Die Möglichkeiten in der Praxis erstrecken sich über Malen, Spielen, Gestalten mit Ton, Speckstein, Holz, Peddigrohr bis hin zu körpertherapeutischer Arbeit (Kletterwand, Yoga, Wahrnehmungsübungen, Massagen...).
     Sie hat sich gut mitnehmen lassen zu einem Überblick auf meinen bisherigen, therapeutischen Weg und meinen Alltag. Sie staunte, was ich schon alles geschafft habe, welche Ressourcen ich mir erarbeitet habe und wie ich sie immer wieder versuche, zielgerichtet anzuwenden. Sie lobte, wie ich meinen Alltag stemme. Zollte der Belastung viel Achtung, mit der ich-wir täglich umzugehen haben. Welch wohltuende Wahrnehmung! Wird doch im Außen häufig immer nur gesehen, dass ich ja nun schon fast 3,5 Jahre therapeutisch arbeite und es mir immer noch nicht besser geht. Womöglich zwischen den Zeilen noch mit der Wahrnehmung, ob dass denn so richtig ist, was ich da tue, wenn es noch nicht zum Gesundwerden führt. Denn so, wie meine Schwierigkeiten im Alltag meist unsichtbar sind, so ist auch meine Arbeit und Energieaufwendung dafür unsichtbar. Sichtbar wird sie erst durch schwarz-auf-weiß-Belege, wie den GdB von 50% oder genau benannte Diagnosen.

Ich fühle mich in dieser Praxis von der zuständigen Ergotherapeutin angenommen, so wie ich bin. So war sie im Verlaufe des Gesprächs auch schon auf einem ersten "Tauchgang" von mir mit dabei. Sie war da, hat Hilfe angeboten, aber nichts aufgedrängt. Vorallem ist sie ruhig geblieben und sah auch relativ schnell, dass ich selbst gut zurecht komme mit meinem Tauchgang.

Ich werde den Termin sacken lassen.
Zwangsläufig!
Bis zum nächsten Termin bei meiner Therapeutin (&Ärztin), wo ich mir dann gern ein Rezept für die Ergo mitnehme. 👍😉

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