Flucht und Verstecken

Meine Mutter! Ich will einfach nur weg von ihr. 
Als ich aus der Tür gestürzt bin, habe ich mir gerade noch Ladekadel und Handy schnappen können. Der Autoschlüssel war schon in der Jackentasche. Nur gut! Sonst würde mir jeglicher Rückzugsort in meiner frei gewählten Obdachlosigkeit fehlen. Ansonsten habe ich außer etwas Kleingeld nur dabei, was ich am Leibe trage... Doch noch ist Winter. Es ist furchtbar kalt - vorallem nachts, obwohl ich mein Auto an einem windgeschützem Stellplatz in einem Parkhaus abgestellt habe. Tagsüber treibe ich mich in Einkaufscentern herum. Zeit totschlagen, Handy laden. Mal auf Toilette gehen können und notdürftig wenigstens Gesicht und Hände waschen. 
Ich verstecke mich vor ihr. Sie findet mich trotzdem, verhöhnt mich und geht wieder... Ich bleibe zurück - leidend, wie ein halb verendetes Tier. Seelisch schwerst verletzt, unfähig mich zu bewegen, geschweige denn, mich in Sicherheit zu bringen.

...schwerfällig wache ich auf. Und das, obwohl ich gestern Abend gar kein Q. genommen habe. Dafür bin ich zu spät ins Bett gegangen. Mit offenen Augen bleibe ich liegen. Mein Hirn schläft und träumt weiter, obwohl ich wach bin. 
Was um alles in der Welt treibt mich immer wieder so panisch weg von meiner Mutter?
Bis zum Ausbruch meiner Erkrankung habe ich praktisch nie von meinen Eltern geträumt! Seither sehr oft und immer wieder. Mal von Beiden, mal nur von einem. Gefühlt öfter von ihr, als von ihm... Warum ist das so?

So "schrecklich" war sie ja nun nicht...: Natürlich hat sie sich um mich gut gekümmert. War aktiv (organisierte und plante gern, war Elternsprecher in der Schule...), bei jederman/jederfrau beliebt, ansteckend fröhlich, lachte gern und viel. Andere sahen sie als ideale Mutter, hätten sich am liebsten von ihr adoptieren lassen. (zB. eine Cousine von mir äußerte das mal)
Und ich? Was stimmt mit mir nicht, dass ich immer wieder so panisch vor ihr fliehe??? Abgesehen von den ganz offensichtlichen Themen und Verletzungen, kann ich jedoch keinen wirklichen Grund dafür sehen, warum diese Gefühle so fatal und so extrem sind???
Bin ich blind? Gefühlsblind?

Stattdessen sind in mir Empfindungen allumfassender Manipulation durch sie. Eine Art von Manipulation, die alles durchdringt. Nebenher geht das Gefühl, dass ich ihr nirgendwo auf der Welt entwischen könnte, wenn sie das nicht will. Sie würde mich überall finden. Es gibt keinen sicheren Ort, an den sie nicht gelangen kann. Ist das schon die Antwort auf meine Frage?
Ja, sie wollte immer alles wissen. Nahezu alles. Oft habe ich ihr auch alles erzählt - vielleicht noch mehr, als sie eigentlich wissen wollte. Einfach weil ich es nicht ertrug, stattdessen mit einer guten Portion Zurückweisung zu leben. Zu sehr wollte ich stattdessen geliebt werden, fürchte ich. Auf kein Fitzelchen Zuneigung und emotionaler Versorgung konnte und wollte ich verzichten...
Bin ich undankbar? Tue ich ihr Unrecht?
Ich bin mir durchaus im Klaren darüber, dass mein Aufwachsen bei einer anderen Frau als Mutter ebenfalls nicht frei von Reibereien und Verletzungen gewesen wäre. Gerade zwischen Müttern und Töchtern gibt es immer wieder unzählige Themen für Konflikte.
Aber was ist und war zwischen uns? Und was ist und war nicht, was aber vielleicht zwingend notwendig gewesen wäre? Wo und an welchen Punkten habe ich ihr gar keine (andere) Chance gelassen...? Und wo überall hat sie "Löcher" mit Alternativen und Materiellem gestopft, wo echte Gefühle hätten sein sollen, die sie aber aus eigenem Mangel heraus nicht geben konnte? (...und nach wie vor nicht geben kann.)

Fragensalat. Den hab ich ziemlich satt.
Den inneren Heißhunger nach emotionaler Versorgung stillt dieser nämlich niemals... 🤐

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