Arbeitsleben mit ESD VI



Mein 1. Probetag auf dem sogenannten 2. Arbeitsmarkt:

Vor etwa anderthalb Jahren hatte ich zum ersten Mal Kontakt zu diesem e.V. aufgenommen und mich dort vorgestellt. Das Erste. was ich dort lernte: Wir sind keine Behindertenwerkstatt; wir sind eine Firma. Aber bei uns arbeiten ausschließlich Menschen mit unterschiedlichen körperlichen, geistigen, sowie psychischen Einschränkungen.
Jeder kann. Niemand muss. Dennoch wird versucht mit den gegeben Mitteln gut zu wirtschaften. Produziert werden die unterschiedlichsten Dinge: Insektenhotels, Papierkörbe, Möbelrestaurierungen, Grundstückspflege, Obst- und Gemüseanbau, Bienenwachsartikel, kleine Geschenke aus Holz oder Stoff, verschiedene Marmeladensorten, Verkauf, Büro, Auftragsannahme, Abrechnung... uvm. Alle Produkte werden auch verkauft. 
Wer nicht im sogenannten Arbeitsbereich tätig sein kann, weil die vorhandenen Einschränkungen zu stark sind, befindet sich im Betreuungsbereich. Aber auch hier gibt es neben Struktur- und Gruppenarbeit immer wieder kleine Aufträge zu erledigen: z.B. Tisch decken und Getränke vorbereiten, wenn Gäste erwartet werden. Begleitet werden alle von Arbeitstrainern, welche anleiten, erklären, Hilfestellung geben und Qualitätskontrollen durchführen.

Ich habe im Arbeitsbereich heute die Kreativwerkstatt erkundet. Derzeit werden aus Stoff kleine Blüten genäht, welche dann auf Haargummies aufgenäht werden.
Gleich zu Beginn ein Schreckchen! Ich und Nähen! 🙈 Wo ich schon beim Häkeln jede unnütze Naht vermeide, wo es nur geht. Die Blüten sollte ich jedoch nicht nähen. Runde Lederplättchen an den Haargummi nähen und anschließend mit Heißkleber die Stoffblüte darauf befestigen. Das geht ja noch... *puh* 
Während ich so am Sticheln und Heißkleben war, setzte sich die Arbeitstrainerin eine Weile für einen Plausch zu mir. So kamen wir schnell darauf, dass die Näherei eher nix für mich ist. Jedoch lobte sie sogleich, da ich es dennoch ausprobiert habe. Dann kamen wir zügig auf das Thema Wolle und gingen in den Lagerraum hinüber.  W O L L E !!! Sehr viel Wolle. Ja, hier sei auch noch ungewickelte Wolle, welche gespendet wurde und mann wisse gar nicht, wie... Da hab ich mir die ganze Box ins Auto gepackt und guck mir das daheim mal an.
Dann schauten wir weiter beim Sticheln und Heißkleben, was sich noch so anbietet. Ich schreibe ja gerne. Irgendwer würde sich da wohl freuen, wenn für die Textpflege der Homepage noch ein Mitstreiter dazu gewonnen werden kann... Prima.

Es wird wirklich Wert gelegt, auf die Kompetenzen eines jeden Einzelnen. Während die eine vielleicht unzählige Stoffblüten näht im Akkord, weil es ihre Erfüllung ist, findet sich ein anderer vielleicht eher im Grünbereich beim Hegen und Pflegen wieder. Die Arbeitsbereiche können und dürfen ruhig wechseln. Niemand muss immer dasselbe tun. Wer jedoch partout nur Stoffblümchen nähen kann und will - bittesehr.

Ich denke schon, dass die Menschen, die da für viele Jahre unter kommen, eine gute Gemeinschaft erleben. Sie haben das Gefühl gebraucht zu werden und auch das Empfinden in einer richtigen Firma eine richtige, echte Arbeitsstelle zu haben. Da ist gar nicht sooo viel Unterschied zum ersten Arbeitsmarkt, wenn man gaaanz viel Ellbogenmentalität und Leistungsdruck abzieht.

Mit anderen Dingen: Das täte den meisten Menschen gut. Es fehlt einfach all das, was uns im normalen Arbeitsleben krank macht. Und: Es wird trotzdem eine Menge geschaffen! 👍🏼



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