Mit den Öffies durch die Stadt

...die tiefstehende Januarsonne scheint durch die kahlen Zweige. In den vergangenen 2 Tagen tat sie das immer wieder mal, nur sehen konnte ich das nicht wirklich. Heute habe ich das erste Mal ansatzweise eine Wahrnehmung dafür. Das sie hell ist. Und das sie warm ist.
Auch die Vögel lassen sich von ihr anstecken - hier und da klingt es schon recht frühlingshaft, wenn man ihrem munteren Gezwitscher glauben darf.

Alles auf Sonne!

Deshalb haben wir heute ein "Experiment" gewagt: Wir sind mit den Öffies zur Ergostunde gefahren. (Auf diesem Wege kommen wir nachher also auch wieder zurück.)
Wir sind überrascht, wie unentspannt es unterm Strich doch war. Leider ist unser Nervensystem die ganze Zeit zumindest teilweise mit einem 3D-Scan der Umgebung beschäftigt. Im Kopf läuft die ganze Zeit das Mantra im Hintergrund: 'Du hast einen Einzelsitzplatz. Kein Mensch interessiert sich für Dich. Dir kann nichts passieren.'
Entspannt mitfahren und raus schauen ist trotzdem nicht. Von hinten strömt frischer Zigarettenatem nach vorn, noch ein Sitz weiter hinten grandioses Gehuste und Geschniefe (er kann ja nichts dafür!), vorn quengelt ein Kind (auch okay), ein anderer reisst ruckartig an meiner Lehne, als er aufstehen will. Der nächste Vordermann hat seine Klamotten ewig nicht gewaschen - der Speckrand am Kragen des Anoraks unterstreicht die abgestandene Geruchsmelodie nach Mensch optisch glanzvoll. (*bäx* Trigger, genau wie der Ziggi-Dunst). Zum Glück ist es nicht so voll, dass mir obendrein noch Taschen und Rucksäcke ins Gesicht geschoben werden. Dennoch lautet der Beschluss, dass die Kleine Mannschaft demnächst wieder Auto fahren muss.

Als Kind haben wir das Umherfahren in der Stadt genossen. Es war auch gar nicht schlimm, wenn die Strecke länger dauerte. Mit Faszination zogen Häuser vorbei , die ich genau untersuchte: Manche hatten reichhaltige Verzierungen unter Dächern, über Fenstern, an Simsen und um Türen. Einige waren so schlicht, dass nur das Fenster mit einem schlichten Streifen abgesetzt war. Hin und wieder gab es einfache Bögen oder nur einen betonten oder angedeuteten Schlussstein über Fenster oder Eingängen. Manchmal gab es Figuren, die zu mir hinunter schauten - einige freundlich, andere grimmig oder gar listig...
Warum? Als ich kleiner war, saß ich so tief im Sitz, dass ich kaum etwas erkennen konnte, wenn es sich nicht mindestens 2,50m überm Boden befand.   ;-)
Später konnte ich dann auch in die Vorgärten hinein sehen - waren sie gepflegt? Oder eher nachlässig verwaltet? Dann sah ich auch Spaziergänger, Kinderwagen, Fahrräder, Hunde, Autos... Besonders in Erinnerung sind mir Baustellen in der ehemaligen DDR geblieben. Im Grunde gab es an jeder zweiten Ecke zumindest irgendwo ein "Baustellchen" - selbst wenn nur irgendwo ein neuer Mast gesetzt worden war... Dann fand sich zumindest ein Sandhäufchen, ein zwei Kabel guckten raus und  3 oder 4 Randsteine von Gehweg oder Straße lagen schief obenauf. Erstaunlich für mich ist, dass an jeder dieser Baustellen oder "Baustellchen" auch immer ein wenig (oder ein wenig mehr) Baumaterial herum lag. Genau dieses war knapp zu DDR-Zeiten - extrem knapp! Nicht selten wurde ein Vergaser für den Trabbi gegen ein paar Pakete Fliesen fürs Bad getauscht. Oder ein Kasten gutes Bier für einen Sack Zement. Wer ein Haus und/oder einen Garten zu dieser Zeit sein Eigen nannte, kann darüber heute noch abendfüllend verschiedene Anekdoten erzählen.
Wie auch immer - oft blieben diese kleinen Dreckecken monatelang - jahrelang ohne, dass sie sich scheinbar veränderten. Eigentlich fielen sie erst auf, wenn sie tatsächlich weg waren.

So, nun schlürfen wir noch den letzten Kaffeerest im Wohnzimmer Nr. 2 aus der Tasse und dann geht es zurück mit den Öffies nach Hause.
Dieses mal werde ich wahrscheinlich nicht versuchen, erwartungsvoll nach draußen zu staunen. Die Rückfahrt wird "zeitgemäßer": Die Ohren mit Kopfhörern zustöpseln, um mich abzuschirmen und ein wenig "daddeln". Also Augenzu&durch.

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