Minimalversorgt auf Parkum

Seit mehreren Wochen bin ich nun schon auf Therapeutinnensuche...
Wie ich schon im Dezember vermutete, ist es ein ziemlich frustrierendes Unterfangen.

Heute hätte ich ein erstes Vorgespräch zu einer Gruppe (10 Termine) gehabt. Selbst das fällt kurzerhand wegen Erkrankung aus. Es wird sicher zu einem anderen Zeitpunkt stattfinden, aber das macht im Hier und Jetzt keinen Unterschied. Im Innen fühlen sich mal wieder alle weggeschickt...

Aufgrund meiner-unserer Diagnosen fällt ein großer Teil der Therapeutinnen in der Region schon weg. Die verbleibenden, welche meine-unsere Diagnosen behandeln können und wollen, sind so gnadenlos überlaufen, dass sie auch auf lange Sicht niemanden mehr annehmen können. Auch nicht auf Wartelisten. Diese Listen sind übervoll und damit "geschlossen". Wahrscheinlich reichen die jeweils aus, um die Arbeitsversorgung der jeweiligen Therapeutinnen bis zur Rente zu sichern.
Es ist also gut und gerne möglich, dass ich jetzt ein oder zwei Jahre gar keine ambulante Therapie habe - vielleicht auch noch länger. Das weiß kein Mensch. Allein der Gedanke daran, lässt mich im dicksten Nebel verschwinden.

In Gedanken bin ich viel im Zauberschloss. An vielen Tagen, als es im Innen laut heulte, wären wir am liebsten sofort wieder dorthin gefahren!
Hier zu Hause haben wir zwar unsere liebe Ergo und auch Unterstützung bei der Suche durch die Soziotherapie... Aber das war es dann auch schon. Die monatlichen Termine bei der Psychiaterin bringen auch keine Entlastung. Die Termine sind zu selten, zu kurz - ich spüre den Stress und die Überarbeitung in der Praxis...! Papierkram erledigen und wieder weg, lautete die Devise. Und allein dafür brauchte es trotz Termin über 1 Stunde...

Im Alltag heißt das immer öfter und immer länger: Knochen aus Blei und Muskeln aus Pudding. Ein Kopf schwer und dröhnend wie eine alte Tonne. Die Tonne hat immer mehr Löcher. Gedanken fallen heraus. Sinnzusammenhänge werden nur schwer verstanden.
Und immer mehr schiebt sich als Konsens in der Mitte zusammen: Ein Leben ist das nicht. Es ist nur Überleben.
Aber Überleben will hier eigentlich niemand mehr... Gedanklich robben und kriechen wir immer wieder vor zur Kante. Nur einmal kurz über den Abgrund lugen! Nein, wir machen nichts weiter. Versprochen! Aber wir wollen immer wieder und immer öfter nur mal kurz über die Kante schauen. Wir sehen es als Gradmesser dafür, wie sehr der Druck allmählich steigt. Immerhin: Beobachtung dessen ist möglich und bringt uns somit in eine gewisse Handlungsfähigkeit, sollte es "zu eng" werden.

Groß ist die Wut auf das System! Der Tipp, Gelder beim OEG zu beantragen, damit wir uns eine Therapeutin ohne Kassenzulassung nehmen können... (Das kann nicht der Weg sein, dass Gelder aus dem OEG die Scharten des Gesundheitswesens ausmerzen!!!) Oder wir gehen den steinigen Weg, den uns die Krankenkasse zum Kostenerstattungsverfahren auferlegt hat. Erstens, Zweitens und dann noch Drittens und dann kommen sie erstmal wieder zu uns. Ein "Ja, wir helfen Ihnen unbürokratisch!" sieht in meinen Augen anders aus. Immerhin gelte ich als Fall mit "akuter Dringlichkeit", da ich erst in einer psychosomatischen Klinik war. (ich lach mich schief! ...also später, wenn ich wieder Zugriff auf das sarkastische Lachmodul habe)

Mein Lieblingswerk von Fizek ist sein Debütroman "Die Therapie" - so man das sagen kann, denn ich habe nur ein oder zwei seiner weiteren Werke gelesen.
In der "Therapie" therapiert sich der Psychiater Viktor Larenz mit Hilfe, der von ihm erdachten Figur Anna Spiegel, selbst. Dazu zieht er sich auf die - ebenfalls erdachte - Insel Parkum zurück. (In Wahrheit liegt sein Körper als schwerstkranker Patient in einem Klinikbett der Parkum Klinik.)
Diese "Insel Parkum" hätte ich für mich - für uns manchmal auch gerne... Abgeschieden. Am Meer. Ein kleines Haus zwischen den Dünen. Hinterm Haus beginnt der Kiefernwald. Vor dem Häuschen Sanddünen und der Blick auf Strand und Meer. Ein gutes Stück zur linken Seite ein kleiner Dorfladen am Pier, wo man alles kaufen kann, was man benötig. Am Pier kann man nicht nur Ankommen. Man könnte auch wieder Abfahren, wenn man das denn  möchte. Vom Häuschen aus weiter rechts irgendwo am Strand lang, wohnt ein guter Freund, welcher hin und wieder ein schönes Gespräch zu schätzen weiß. Man kennt sich - man hilft sich. Aber man geht sich nicht auf die Nerven.
Ein Begleiter, wie einen Hund, gäbe es vielleicht auch... Fertig.

Dort könnte ich mit uns allen bleiben, so lange es uns beliebt. Nicht nur Minuten im Rahmen einer Übung ala "innerer, sicherer Ort" - sondern so lange es uns allen beliebt. Durchgehend.
Ohne Schmerz. Ohne Trauer. Ohne Alpträume. Ohne Elternbegegnungen. Ohne Angst. Ohne Anforderungen. Ohne Ärzte- und Therapeutenmangel. Ohne Furcht vor der Zukunft. Ohne Sorgen...
Natürlich betröge mich solch eine  vollkommene, innere Emigration um das wahre Leben! Damit ist es auch wieder nur eine Form des Überlebens. Immerhin täte nichts weh und es gäbe Ruhe... sehr viel Ruhe, bis auf das Rauschen der Wellen und der Baumkronen.


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