Blüte MIT Stängel!

Im Verlauf der vergangenen 6 Jahre Therapie haben wir immer wieder einmal mit dem Margeritenmodell nach M. Huber gearbeitet. Dabei hatten wir stets 2 Schwierigkeiten, die für uns lehrbuchmäßig einfach nie passen wollten:
Die Erwachsene (so alt, wie sie real ist) passte für uns nie an die Blüte dran und schon gar nicht in die Mitte (wo sie sich laut Huber befinden sollte!).
Damit war kein Alter Ego an/in der Blüte älter als 20 Jahre. Oft haben wir (widerwillig) ein erwachsenes Blütenblatt dazu gemalt, "weil das da so hingehört...". Aber es fühlte sich immer falsch an.

Gestern morgen war die Welt noch tropfig frisch gewaschen vom Regen der voran gegangenen Nacht. Wasserströme hatten endlich einen Großteil der Blütenstäube mit sich genommen in Böden, Steinfugen oder in die Kanalisation. Wir radelten bei bedecktem Himmel vergnügt durch die Pfützen Richtung Ergostunde. Es war eine Wohltat, dass die Sonne nach so vielen Tagen mal nicht vom Himmel dengelte. Als wir ankamen, hatten wir noch Zeit. Der Innenhof bei der Ergopraxis ist sehr schön. Zuerst gingen wir zu den Kaninchen. Eines versteckte sich. Das andere lies sich jedoch mit Löwenzahnblättern füttern. Ich bewunderte die geordnete Lässigkeit des Gartens: Schere, Garn zum Anbinden, Schaufel und Häckel lagen noch bereit, so als ob der Gärtner gleich wieder an seine Arbeit gehen würde. Dennoch waren die Beete sauber und gepflegt.
Besondere Freude hatten alle an den glitzernden Wassertropfen auf Blättern und Blüten!


Da bemerkten wir, dass gerade ein wunderbarer, wenn auch sehr seltener Moment da ist: Alle sind gleichzeitig "vorne" und im trauten Miteinander. Jeder nach seinem Alter und seinen Interessen. Kein Gerangel ums Sein-Dürfen, wer wieviel Zeit bekommt und wer was machen darf. Frieden. Ruhe. Jeder darf sein.
Doch schnell merkten wir auch, wie fragil dieser Moment ist. Er begann sich leise wieder davon zu stehlen, dieser angenehme Zustand...

Noch ergriffen von diesem Augenblick und dem schleichenden Verlust desselben, betraten wir die Ergopraxis.
Wir erzählten von unserem Gartenerlebnis. Sogleich kam die Frage, was denn helfen könnte, um ihn noch eine Weile da zu behalten? Zwei Schalen mit Halbedelsteinen schoben sich in unser Blickfeld. Rasch hatte sich jeder einen Stein ausgewählt und nacheinander in einer Linie auf den Tisch gelegt.


Ruckzug war das ungefähre Alter eines jeden Steinbesitzers notiert. Überrascht waren wir vom "Jetzt-Stein". Es war auch sofort klar, dass es nur der Bergkristall sein konnte. Er ist transparent, so dass dahinter ein jeder von uns sichtbar bleiben würde...
Dann fiel uns das Margeritenmodell wieder ein und wir baten um ein Blatt Papier. Wir legten und zeichneten: 



Urplötzlich und schon bei Beginn der Zeichnung war klar: Der "Jetzt-Stein" ist weder Blütenblatt noch Blütenmitte - er ist der Stängel! Die 45-jährige, die ja tatsächlich (vorallem körperlich) vorhanden ist, ist der Stängel der Blüte. Er hält sie. Er transportiert Wasser und Nährstoffe zur Blüte, damit sie weiter existieren kann - ob das den einzelnen Blütenblättern nun klar ist oder nicht. Er ist die Verbindung zwischen Innenwelt und Außenwelt. 
Somit stellte sich uns auch nicht die anschließende Frage nach Schnittblume (hübsche Leiche auf Zeit) oder Topfpflanze. Natürlich hat sie einen Wurzelballen.: zB. in einem Topf. Ein maigrüner Topf bitte! 


Dann fragte mich meine Ergo, ob ich denn nicht dafür sorgen mag, dass der Topf nicht verloren geht...?! Der Gedanke war auch schon in mir. Mit Klebeband auf der Rückseite festmachen? Ich schob den Topf immer wieder hin und her. Nein, der darf nicht fest sein. Der bewegt sich doch ständig! Der Topf beinhaltet ja meine Wurzeln. (Schwierig!!!) Tags ist es so wie auf dem Bild über dem Text. Aber nachts ist es so, wie auf dem Bild darunter:


Der Körper (Stängel - Bergkristall) liegt dann zwar im Bett und schläft, aber im Traum (im Unbewussten) fehlt er... Dann rückt der Topf mit Wurzelballen näher, bis ganz dicht an die Blüte heran. Manchmal verschwindet die Blüte auch nahezu im Topf. (Bei diesen Gedanken schneide ich einen dünnen Streifen Papier zurecht und falte ihn ganz klein immer hin & her.)
Dann sind meine Eltern in meinen Träumen wieder so nahe, als würde kein Blatt Papier zwischen uns passen. Es gibt zwar eine Wahrnehmung dafür, dass es nie eine Aussprache gab und alle Ungerechtigkeit noch genauso besteht, wie vor 6 Jahren zur Zeit des Kontaktabbruchs. Doch obendrein: Der Graben wird erheblich verbreitert durch die 5 Jahre zurückliegende Ablehung eines klärenden Gespräches. Meine Eltern laufen jedoch nach wie vor durch meine Träume, als wäre nichts geschehen. Sie beeinflussen, rücken mir auf die Pelle, steuern und lenken in meinem Leben herum und ich kann nichts tun, um mich dem zu entziehen. Sie finden mich einfach   Ü B E R A L L   - es ist völlig egal, wo ich mich verstecke.

Jeden Morgen aufs Neue versucht mein Bewusstsein dann den bis ins Kleinste zerfaltet-geknitterten Stängel wieder auszufahren, um für die meine-unsere Blüte zu sorgen. Ein Kraftakt! Ohnegleichen!
Kein Wunder, dass meine Blume keine eigenen Blätter ausbilden kann! Der Stängel kann zwar für Wasser und Nährstoffe sorgen, aber die Energieumwandlung aus Licht (Photosynthese), die schafft er nicht. Deshalb braucht meine-unsere Blume Ersatzblätter - unser Helferteam. Sie geben uns all das, was wir nicht ohne weiteres aus dem Boden (der realen Welt) beziehen können. Sie sorgen mit dem Licht, welches sie aufnehmen und umwandeln können für Empathie, Geduld, Verständnis, kleine Kniffe und Impulse, etwas Nähe und Liebe und vorallem mit Zuverlässigkeit dafür, dass wir uns halbwegs gut durch den Alltag bewegen können.   D A N K E   Ihr lieben Ersatzblätter. ♡
Und - wer weiß: Wenn der Topf eines Tages nicht mehr jede Nacht die Blüte überstülpt... Wenn der Stängel nicht mehr jede Nacht zum Verschwinden zusammen gefaltet wird... Vielleicht können dann dort eigene zarte Blätter wachsen... 🌱




 



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