...ist vor der Prüfung

...draußen vorm Cafe ist alles wie immer: Der Stadtverkehr braust vorbei, träge bewegt sich die Sommerluft durch den Raum, sachte angeschoben vom Ventilator an der Decke. Der Platz liegt im gleisenden Sonnenlicht. Jeder der kann, flüchtet so schnell wie möglich in den Schatten zurück. Doch egal, wie hoch die Temperaturen auch steigen, die Welt in Gänze zeigt sich stets unbeeindruckt von allem, was passiert... sieht sich nicht veranlasst, einmal kurz aufzuhören mit dem Weiterdrehen.

Zwei liebe Mitmenschen aus meiner Familie sind verstorben - ein Onkel verlor den Kampf gegen den Krebs; der Endgegner einer Tante hies Alkohol...
Die Welt dreht sich einfach weiter und auch die Zeit schreitet fort...
Neben Traurigkeit im Knopfloch, erreichen mich neue Geister - Alpträume, die Ende & Tod symboliseren. Schwer und bedrohlich, wie Wolken einer aufziehenden Gewitterfront rücken sie näher. Die Luft um mich herum ist zum Schneiden dick. Bedrückend. Kaum, dass sie sich noch atmen lässt... 
Ende - dass gab es auch vor 3 Wochen. Die letzte von knapp über 300 Stunden mit unserer lieben Therapeutin und Lebensmentorin stand an. Dies bedeutet nun leider auch, dass wir nun das erste Mal nicht mehr auf ihren Rat und Zuspruch bauen können. Wir müssen uns anderswo Hilfe organisieren. Mit zwei kurzfristigen Notterminen hoffen wir etwas Ruhe ins innere Chaos zu bekommen. Wir versuchen so viel Stabilisierung wieder zu erlangen, dass wir bis zum Klinikaufenthalt in ca. 4 - 6 Wochen hinkommen.

Jede Menge alter Kram, der schon mal halbwegs irgendwie weggeräumt und aufgeschichtet war, stürzt in erdrückender Schwere erneut auf uns hernieder...
Vor dem heutigen Kurztermin überlegte ich, was eigentlich gerade unser Problem ist? Ob vielleicht gerade gar keine Hilfe nötig ist? Diese trügerische Ruhe zwischendruch ist jedoch schon bekannt. Von jetzt auf gleich kann es ziemlich brisant werden und die kleine Mannschaft im Innen erkennt nirgendwo mehr einen Halt... Also ist es klug, beizeiten soviel aufzuräumen, dass wieder ein wenig Boden frei wird, auf dem sich die kleine Mannschaft niederlassen kann.

Meine Gedanken gehen auch immer wieder zu den verbliebenen, verwitwten Liebenden...: meine Tante, mein Onkel, meine Kollegin, meine Nachbarin... Ihnen allen würde ich einen Ort wünschen, wo sie ihre lieben Vorausgegangenen wieder treffen könnten. Um mit ihnen zu sprechen. Um sich zu umarmen und anzulehnen. Um sich auszutauschen. Um sich - wenn auch immer wieder nur kurze Zeit - nahe sein zu können... Eine Idee zu einer Geschichte entspann sich in meinem Kopf, Aber ich werde sie nicht schreiben, da ich gar nicht ermessen kann, wie unendlich der Trauerschwerz dieser Menschen sein kann. Ich möchte niemandem damit vor den Kopf stoßen.

Was bleibt?
Der Juli nimmt heute Nacht seinen Hut und überlässt dem August das Feld. Am Ende des Monats sind wir vielleicht schon wieder bei der Fee im Zauberschloss zu Gast. Darauf freuen wir uns alle sehr. Dieser Lichtblick lässt uns nach vorn schauen und tapfer weiter tappen durch das graue Gestrüpp, welches uns immer wieder versucht zu Fall zu bringen.


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