Was davon gehört zu mir?

...oder besser gesagt, was davon gehört zu den Geschichten meiner Vorfahren?

Ich lese ja nicht besonders viel. Ein wenig aber eben doch. Ich gebe zu, ich könnte mir leichtere Kost auswählen, aber letztenendes lese und verstehe ich immer das, was für mein Innen von Interesse ist. Derzeit ist es "Kinder unterm Hakenkreuz- wie wir den Nationalsozialismus erlebten" von Frank Schwieger.

Hier erzählen Kinder aus ihrer Sichtweise für Kinder in der heutigen Zeit, wie sie diese Epoche damals erlebten. Dazwischen gibt es stets Kapitel, welche Fakten und Historie hinter diesen Geschichten erklären. Den geschichtlichen Teil lasse ich weg. Das war in der Schule x-mal dran. Es geht um Flucht, Vertreibung, Verstecken und Verstecktwerden, um erlebte Bombenangriffe und überlebten Beschuss von Tiefliegern, welche nicht selten auch Flüchtlingstrecks ins Visier nahmen. Es geht um unglaublichen Hunger und grausame Kälte. Es geht um verlorene Heimat, verlorene Freunde, verlorene Verwandte... Aber es geht auch um Kameradschaft, Mut, Boykott von Gewalt und sehr viel Glück beim Überleben.
Warum tue ich mir das an? (Zunächst, weil es zu meinem Flow gehört, der mich in den allermeisten Fällen ein Stück weiter bringt, wenn er denn einmal entsteht.)

In einem Großteil meiner Albträume bewegen mich die Themen Heimatlosigkeit, Flucht, Unsicherheit (Es ist NIRGENDWO sicher!), Zerstörung und Verlust von kurzzeitiger 'Heimat', Teilen eines Unterschlupfes mit zahlreichen anderen - mir gänzlich unbekannten - Personen... Nirgendwo finde ich länger als kurze Momente der Ruhe. Überall werde ich gestört oder aufgestöbert. Türen sind zu klein, schließen nicht richtig. Fenster ebenso. Gardinen sind zu kurz. Böden, Wände, Dächer löchrig und undicht. Es zieht hinein, Es regnet hinein. Sicherheit existiert nicht. Mehr als ein kurzes Ausruhen oder Wegdämmern in den Halbschlaf ist unmöglich.

...die Geschichten der Kinder fühlen sich zum Teil so echt an, als hätte ich sie selbst erlebt. Die Angst. Das Alleinsein. Das Verfolgtwerden. Das Nirgendwosichersein. Das Beschossenwerden.
Nur eines gehört nicht dazu und ein anderes kaum. Hunger nicht. Kälte kaum.

Meine Oma war zehneinhalb Jahre alt, als die Deutschen in Polen einfielen. Geboren ist sie in einer Stadt, die heute auf polnischem Staatsgebiet liegt. Musste sie mit ihrer Mutter und ihrer Schwester flüchten? Wann war das? Unter welchen Umständen fand das statt?
Ihr späterer Mann war 2 Jahre älter. Soweit ich weiß, gab es da keine Flucht. In der anderen Familienseite waren Oma und Opa deutlich älter. Wenn ich nichts verwechsle, war Opa bei Kriegsbeginn 28,5 Jahre alt und Oma war knapp 18 Jahre alt. Von dem was ich weiß, gab es bei Oma keine vordergründigen Fluchtthemen, aber sie hatte dennoch gegen Kriegsende unglaublich viel Glück. Opa hatte vom Alter her die unglückliche Ehre, als einziger von den Vieren aktiv an diesem Krieg teilzunehmen, geriet schwerstverletzt in Gefangenschaft und kam dadurch recht bald frei. Fluchtthemen? Bestimmt. Wenn nicht aktiv durch geführt, dann sicherlich immer wieder neu im Kopf zusammengebaut, analysiert, in Gedanken durchgeführt, verworfen und wieder alles von vorne begonnen.

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Was kann ich mit den Erinnerungen dieser Kinder aus dem Buch anfangen, in denen ich so sehr und so nah meine (Alb)Träume wieder finde? Sie quälen mich fast jede Nacht - mal mehr, mal weniger. Natürlich kann ich ala positiver Kalenderblattpsychologie noch ein paar Jahre wegsehen und versuchen jede Nacht das Geträumte mühsam von mir zu schieben und positiv zu denken.
Oder ich schaue, was ich an gleichen Teilen aus Buch und Traum finden kann, um es für mich neu anzuordnen, damit die Träume sich zu besseren und sichereren Träumen verändern können.
       Aber ich ahne schon, dass das keine "Schnipp-und-in-ein-paar-Wochen-oder-Tagen"-Sache werden wird...

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